Unterricht gestalten / 14.08.2023

Von Anfang an ein gutes Verhältnis

Wie der Einstieg in eine neue Klasse gelingen kann

Nach den Sommerferien ist es für viele Lehrerinnen und Lehrer wieder so weit: Sie übernehmen eine neue Klasse. Das kann eine erste Klasse in der Grundschule sein, eine fünfte Klasse in der weiterführenden Schule oder einfach eine neue Klasse in der Schule, bei der ein Wechsel des Klassenlehrers, der Klassenlehrerin ansteht. Oder es sind eine oder mehrere Klassen im Fachunterricht. Ganz unterschiedliche Szenarien also, doch für alle gilt: Der Einstieg sollte gelingen.

Schüler*innen einer Klasse schauen erwartungsvoll nach vorne
Bild: Shutterstock.com/Monkey Business Images

Eine ganz besondere Aufgabe ist es, eine erste Klasse als Klassenlehrerin oder Klassenlehrer zu übernehmen. Wie das gelingen kann, haben wir in unserem Beitrag „Ein guter Start ist entscheidend“ beschrieben. Doch auch in den weiteren Schuljahren und Schulstufen stellt die Übernahme einer neuen Klasse immer eine Herausforderung dar. Und selbst, wenn es „nur“ um den Fachunterricht in einer neuen Klasse geht, so ist es doch immer ein Neustart für alle Beteiligten und auch hier gilt das, was für einen neuen Klassenlehrer, eine neue Klassenlehrerin entscheidend ist: Möglichst von Anfang an ein gutes Verhältnis zur Klasse aufzubauen.

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Gut vorbereitet

Der erste Eindruck ist entscheidend. Das gilt auch in diesem Fall. Damit dies gelingt, ist eine Voraussetzung zwingend: eine gute Vorbereitung. Und dafür sind ein paar Informationen über die neue Klasse hilfreich. Ein Gespräch mit der bisherigen Klassenlehrerin, dem bisherigen Klassenlehrer oder der bisherigen Fachlehrkraft, kann dafür sehr hilfreich sein. Dabei sollte es jedoch nicht um die Noten der einzelnen Schülerinnen und Schüler gehen, besser ist es, sich selbst im Laufe der nächsten Wochen ein Bild vom Leistungsstand der Klasse zu machen. Vielmehr geht es darum, etwas über die Stimmung in der Klasse, über ihren Zusammenhalt, über mögliche Konflikte und über ihre Besonderheiten zu erfahren.

Wird die Klasse allerdings – etwa bei einem Schulwechsel – neu zusammengewürfelt, müssen andere Informationen herhalten. Die sind dann allerdings eher spärlich. Wie die Namensliste zum Beispiel. Beim Neustart für alle – etwa beim Start in die weiterführende Schule – hat in der Regel bereits ein Informationsabend mit den Eltern stattgefunden. Der lässt sich nutzen, um etwas über die Erwartungen oder auch Sorgen der Eltern zu erfahren und natürlich auch, um sich selbst den Eltern vorzustellen.

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An alle Eventualitäten denken

Und schließlich ist es für die erste Stunde in der neuen Klasse ratsam, noch mehr als sonst auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Natürlich sollten alle notwendigen Unterrichtsmaterialien vorbereitet sein, darüber hinaus empfiehlt es sich, Papier sowie vorgefertigte kopierte Aufgaben bereit zu halten, da die Schülerinnen und Schüler möglicherweise weder Bücher noch Hefte an diesem Tag mitbringen werden. Wichtig sind außerdem zwei Dinge: die Klassenliste und ein klares Konzept für diese und die nächsten Stunden. Mit dieser Vorbereitung sollte es kein Problem sein, entspannt und selbstsicher der neuen Klasse gegenüberzutreten. Und dann wird es ernst. Die erste Schulstunde mit der neuen Klasse beginnt.

Lehrkräfte haben ihre eigenen Methoden, wie sie bei Unterrichtsbeginn die Aufmerksamkeit der Klasse bekommen. Manche haben mit direktem Blickkontakt oder abwartendem Verhalten Erfolg, bei anderen wirkt ein deutliches „Guten Morgen“ oder das Ansprechen einzelner Schülerinnen und Schüler - bestimmte Rituale also, die für jeden Start in den Unterricht gelten. Doch die müssen in einer neuen Klasse erst noch etabliert werden.  Möglich, dass jetzt aber ein freundlicher, offener Blick in die Runde, begleitet von einem „Guten Morgen“ genügt, damit sich alle Augen auf Sie richten. Schließlich sind die Schülerinnen und Schüler neugierig, was wohl auf sie zu kommen mag. Und diese Neugier gilt es zu nutzen.

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Spielerisch kennenlernen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Klasse und Lehrkraft sich kennenlernen. Das hängt auch davon ab, ob Lehrinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler sich möglicherweise bereits aus dem Fachunterricht oder aus Vertretungsstunden kennen oder ob dieser Tag für alle einen Neustart bedeutet.

Zwar ist den Schülerinnen und Schüler der Name ihrer neuen Lehrkraft in der Regel bekannt, trotzdem ist es wichtig, den eigenen Namen an die Tafel zu schreiben und dazu ein paar Worte über sich selbst zu sagen. Es genügen tatsächlich ein paar wenige Worte – die sollten allerdings auch aussagekräftig sein.

Dann sind die Schülerinnen und Schüler mit einer kurzen Vorstellungsrunde an der Reihe. In der Weiterbildung haben sich sogenannte Partnerinterviews bewährt, bei denen jeweils der Sitznachbar oder die Sitznachbarin befragt wird. Anschließend stellen die Interviewenden anhand dieser Antworten ihre Mitschülerinnen und Mitschüler vor. Aber Achtung: Die Fragen sollten vorbereitet und nicht zu umfangreich sein, sonst ist – je nach Klassengröße – ganz schnell eine komplette Unterrichtsstunde vorbei. Gefragt werden sollte auf jeden Fall nach dem Namen. Weitere Fragen könnten die nach den Lieblingsfächern und nach Hobbys sein, nach Haustieren oder Sportarten. So erfahren Sie ganz spielerisch schon in der ersten Stunde einiges über Ihre Schülerinnen und Schüler. Und das hilft auch beim Namenlernen. Bei jüngeren Schülern haben sich Kennenlern-Ballspiele bewährt. Die Kinder stehen im Kreis und werfen sich den Ball zu. Wer den Ball fängt, muss ebenfalls bestimmte - zuvor festgelegte - Fragen beantworten.

Und schließlich ist etwas ganz Traditionelles unerlässlich: Ein Sitzplan aus der Sicht der Lehrkraft. Meist melden sich Schülerinnen oder Schüler dafür freiwillig. Anhand dieses Plans können Sie auch direkt überprüfen, ob alle Schülerinnen und Schüler anwesend sind. Das ist gerade am ersten Tag wichtig, denn so wissen Ihre Schülerinnen und Schüler, dass Sie alle im Blick haben. Bitten Sie dann Freunde der fehlenden Schülerinnen und Schüler, ihnen alle wichtigen Informationen aus dieser Stunde zu übermitteln.

Nach dieser Aufwärm- und Kennenlernphase wird es dann konkret:  Informieren Sie Ihre Schülerinnen und Schüler, was sie für den Unterricht benötigen. Am besten mit einer ausgedruckten Liste, die an alle verteilt wird. Und erkundigen Sie sich, ob es dazu noch Fragen gibt.

Regeln und Rituale

In den meisten Klassen sind Rituale oder Klassenregeln etabliert. Sie können weitergeführt, modifiziert oder auch geändert werden, das hängt hauptsächlich von Ihnen, Ihren Erfahrungen und Gewohnheiten ab.  Auch hierfür lohnt sich ein Austausch mit den bisherigen Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern oder Fachlehrkräften. Wenn sich eine Klasse aus Schülerinnen und Schülern verschiedener Klassen zusammensetzt, können die gewohnten Rituale und Regeln ganz unterschiedlich sein. Lassen Sie die Schülerinnen und Schüler über diese Regeln und Rituale berichten. Was könnte sinnvollerweise übernommen werden, was nicht? Darüber kann dann in der kommenden Unterrichtsstunde diskutiert und entschieden werden. Denn Regeln sollten keine zentrale Rolle in der ersten Stunde spielen.

Wichtig: Echter Unterricht

Klar wollen die Schülerinnen und Schüler wissen, was sie im Unterricht im ersten gemeinsamen Halbjahr erwartet. Berichten Sie, um welche Themen und Schwerpunkte es gehen wird. Außerdem können Sie Ihnen einige Informationen über Ihre Erwartungen geben. Fragen Sie auch nach Anregungen, nach den Wünschen und Erwartungen an das Fach, die Sie in Ihre Planung integrieren können. So signalisieren Sie den Schülerinnen und Schülern, dass Sie an Ihren Vorstellungen interessiert sind und nicht auf einem vorgefertigten Konzept beharren. Genau das ist ein wichtiger Grundstein für ein dauerhaft gutes Verhältnis. 

Auch Klassendienste können jetzt verteilt werden, möglicherweise ist es aber sinnvoller, damit noch bis zur nächsten Stunde zu warten. Denn mittlerweile ist wahrscheinlich nicht mehr allzu viel Zeit, bis das Ende der Stunde eingeläutet wird. Viel wichtiger ist es, jetzt endlich mit dem Unterrichtsstoff zu beginnen. Denn die Schülerinnen und Schüler sind neugierig auf das, was in der nächsten Zeit auf sie zukommen wird. Diese allererste Unterrichtseinheit sollte möglichst interessant, vielleicht auch überraschend und unvorhersehbar sein, so bekommen Sie im besten Fall die Aufmerksamkeit der gesamten Klasse. Es muss ja nicht gleich ein lebender Beweis für Ihr Fach sein, wie das jener Biologielehrer zu tun pflegte, der in seine erste Unterrichtsstunde in der weiterführenden Schule stets zwei seiner Hühner mitbrachte, um etwas über diese Spezies zu erzählen. Andererseits: Für die Schülerinnen und Schüler war das immer ein spannender Einstieg, der lange in Erinnerung blieb und möglicherweise sogar ihr Interesse für das Fach Biologie geweckt hat.

Bilanz

Nach dieser ersten Stunde können Sie dann ein kurzes Résumé ziehen: Wie haben Sie diese erlebt? Welchen ersten Eindruck haben Sie von der Klasse? Was hat gut funktioniert, was war eher schwierig? Welche Informationen brauchen Sie möglicherweise noch? Wie wollen Sie die kommenden Stunden angehen? Und schließlich geht es darum, wie Sie auf dem - wahrscheinlich – soliden Grundstein, den Sie gelegt haben, weiter aufbauen können.

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Bild: Shutterstock.com/Vereshchagin Dmitry

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