Deutschlands Schulleitungen sehen sich als visionäre Reformer – 60 Prozent sind sogar bereit, rechtliche Vorgaben zu umgehen.
Zwischen Vision und Rebellion
Bereit für Reformen: Rund 2 von 3 Schulleitungen in Deutschland verstehen sich als Visionär:innen für die Gestaltung und langfristige Weiterentwicklung zukunftsfähiger Schulen.
60 Prozent aller Schulleitungen sind für eine gelingende Schulentwicklung sogar bereit, rechtliche Vorgaben der Schulaufsicht teilweise zu umgehen. Diese „Rebell:innen“ fordern mehr Autonomie, eine neue Form der Schulaufsicht und eine veränderte Lehrkräfteausbildung.
86 Prozent der Schulleitungen fühlen sich durch bürokratische Hürden in der Schulentwicklung ausgebremst.
Schulen im Stress
Die Personalgewinnung ist weiterhin die größte Herausforderung für Schulen, da jede zweite Schule unter akutem Lehrkräftemangel leidet. Ein weiteres Viertel berichtet von einem potenziellen Personalmangel, sollten studentische Lehrkräfte oder Quer- sowie Seiteneinsteiger:innen wegfallen.
Die Gesundheit von Lehrkräften und Schülerschaft ist das zweitgrößte Thema für Schulleitungen – um vor allem mentale Gesundheit zu fördern, ist der Bedarf an multiprofessionellen Teams hoch.
Eine demokratische Schulgestaltung wird derzeit insbesondere durch gesellschaftliche Spannungen und wachsenden Rechtsextremismus erschwert.
Kompetenzaneignung
Schule soll junge Menschen auf die Arbeitswelt vorbereiten – darüber sind sich Schulleitungen einig. 80 Prozent sagen, dass es den Schüler:innen an überfachlichen Schlüsselkompetenzen für die Arbeitswelt, wie etwa Pünktlichkeit oder Problemlösefähigkeit, mangelt.
Gut zwei Drittel der Schulleitungen stimmen zu, dass es für mehr Lernerfolge bei den Schüler:innen eine Anpassung der Rahmenlehrpläne an die aktuelle Lebens- und Arbeitswelt brauche.
Rund 8 von 10 Schulleitungen würden es begrüßen, wenn Schüler:innen mehr praktische Berufsorientierung ermöglicht würde.
Zur Studie
Bild: Cornelsen/Inhouse
Die Cornelsen Schulleitungsstudie umfasst eine Online-Befragung sowie qualitative Interviews. Befragt wurden online 2.405 Schulleitungen an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Zusätzlich wurden 24 qualitative Interviews geführt.
Gute Nachrichten: Die digitale Ausstattung deutscher Schulen scheint sich maßgeblich verbessert zu haben – 3 von 4 Schulleitungen sind mittlerweile zufrieden damit. Um diese Infrastruktur für digitales Lernen sinnvoll zu nutzen, braucht es aber Fachpersonal, das den Prozess medienkritisch begleitet, und kontinuierliche Fortbildungen für Lehrkräfte.
Aufsteigerthema KI: Schulleitungen schätzen KI als wichtiges Thema für die künftige Unterrichtsgestaltung ein.
Digitales Lernen ist für fast alle, KI immerhin für 2 von 3 Schulleitungen fester Bestandteil der Zukunftsschule. Die Mehrheit der Schulleitungen erwartet zudem, dass sich Lernerfahrungen und Prüfungsformate durch KI verändern werden.
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit
Die Mehrheit der Schulleitungen hält das deutsche Schulsystem für ungerecht – rund 8 von 10 finden sogar, dass es Menschen zurücklasse.
Um dem entgegenzuwirken, setzen Schulleitungen auf bedarfsorientierte Schulentwicklung sowie Programme wie das Startchancenprogramm und betonen den Beitrag von gebundenen Ganztagsschulen zur Verbesserung von Bildungschancen.
Für mehr Lernerfolg sind sich 82 Prozent einig, dass verstärkt auf die Heterogenität von Schüler:innen eingegangen werden muss.
„Hidden Champions“ berufliche Schulen
Die Leitungen beruflicher Schulen bemängeln fast einstimmig die geringe öffentliche Wahrnehmung ihrer Arbeit im Vergleich zu anderen Schulformen.
92 Prozent sind außerdem überzeugt, dass allgemeinbildende und berufliche Schulen von verstärktem Austausch untereinander lernen könnten.
Berufliche Schulen gehen die Personalgewinnung pragmatischer an. Rund 3 von 4 geben an, ihre Schüler:innen zu motivieren, als Lehrkräfte zu ihnen zurückzukommen. Und 84 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Quer- und Seiteneinsteiger:innen die Lernangebote an ihrer Schule durch ihre praktische Erfahrung bereichern.
Auch im Bereich Digitalisierung und KI sind sie offener als allgemeinbildende Schulen.