Praxistipps für gute Elternarbeit
Sieben Dinge, die Sie in Elterngesprächen niemals sagen sollten
Beim Elternabend, am Elternsprechtag oder im Elterngespräch zwischendurch: So souverän Sie (sonst) auch sind – manchmal würden Sie gerne richtig deutlich werden. Sieben typische "Frustgedanken" durchleuchten wir einmal – natürlich inklusive "diplomatischer" Alternativen und vielen Präventionstipps.
"Frustfaktor Elternarbeit": Was Sie besser für sich behalten – und wie Sie trotzdem Klartext reden
Ob Sie es nun mit Eltern zu tun haben, die Ihre Arbeit kritischer beäugen als ein Rechnungsprüfer Rechnungen oder mit Eltern, die in das Schulleben Ihrer Kinder in etwa so involviert sein wollen wie Sie in hitzige Konfliktgespräche: Es gibt immer wieder Situationen, in denen selbst der besonnenste Lehrer beinah platzen könnte. Die folgenden sieben Sätze haben Sie vermutlich auch schon einmal gedacht. Statt Ihrem Ärger Luft zu machen, haben Sie wahrscheinlich lieber tief durchgeatmet. Richtig so – denn die folgenden Tipps und Anregungen bringen viel mehr als ein kurzer "Hutschnur-Riss".
Sieben Sätze, die Sie in Elterngesprächen nicht sagen sollten:
1. „Ich will doch einfach nur meine Arbeit machen!“
Wenn Eltern scheinbar alles besser wissen, jeden Ihrer Schritte hinterfragen und Sie gefühlt mehr Zeit mit Rechtfertigungen als mit der Unterrichtsvor- und nachbereitung verbringen, würden Sie den Kopf wahrscheinlich am liebsten frustriert auf die Tischplatte knallen.
Weitaus besser in solchen Situationen: Machen Sie sich bewusst, dass die Eltern als "Fachfremde" schlichtweg nicht über Ihr Wissen verfügen – weder über Ihr pädagogisches Know-how, noch über ihr schulinternes Insider-Wissen. Viele Fragen entstehen schlichtweg durch Unwissenheit. Je transparenter Sie Ihre Arbeit für die Eltern machen und je gelassener und anschaulicher Sie ihnen die Dinge im Zweifelsfall erklären, desto schneller merken die Eltern, dass Sie tatsächlich alles im Griff haben und fachlich fundiert handeln – und desto mehr Zeit haben Sie dann, um Ihre Arbeit zu machen.
2. „Manchmal frage ich mich ja, welche Werte Sie Ihren Kindern zu Hause vermitteln.“
Dass Ihre Wertvorstellungen (und die Ihrer Schule) mit denen der Eltern kollidieren, bleibt nicht immer aus. Ganz wichtig in dieser Situation: Geben Sie Ihr Möglichstes, nicht (ab)wertend zu reagieren. Statt über die Erziehung und die Sichtweisen der Eltern zu urteilen und damit Grundsatzdiskussionen heraufzubeschwören, bleiben Sie lieber sachlich.
Erläutern Sie die Schulwerte, die sich Ihre Schule auf die Fahne geschrieben hat, und heben Sie die positiven Effekte auf die Schüler/-innen allgemein und auf den/die betroffene/-n Schüler/-in im Speziellen hervor. Ein Beispiel könnte sein: „Unserer Schule liegt das Thema 'gewaltfreie Kommunikation' sehr am Herzen. Wenn die Schüler miteinander reden, ohne Schimpfwörter zu benutzen, fühlen sich alle viel mehr wertgeschätzt. Das habe ich auch bei Jan beobachtet, der sich hier viel wohler fühlt, seit wir alle mehr auf unsere Sprache achten.“ So unterschiedlich die Erziehungswege auch sein mögen – dass es den Kindern gut geht, ist schließlich für alle Eltern wichtig.
3. „Mir fehlt einfach die Zeit, Ihr Kind dauernd an die Hand zu nehmen.“
Dass Sie im stressigen Unterrichtsalltag oft nicht die Zeit haben, Schüler/-innen mit Defiziten so zu unterstützen, wie es ideal wäre, kann sehr frustrierend für Sie sein. Statt diesen Frust zu äußern – und es unterschwellig wie eine Anklage klingen zu lassen –, suchen Sie lieber gemeinsam nach Lösungen.
„Ihr Sohn könnte in einigen Bereichen noch mehr Unterstützung gut gebrauchen. Ich möchte gerne gemeinsam mit Ihnen überlegen, wie wir ihm helfen können.“, ist ein viel konstruktiverer Einstieg. Danach überlegen Sie mit den Eltern, welche Möglichkeiten Sie haben. Ob Sie "stärkere" Klassenkamerad/-innen als Lernpaten oder die Eltern für zusätzliche Trainingseinheiten zu Hause gewinnen: Achten Sie darauf, Ihre Aussagen positiv zu formulieren steuern Sie – statt Ihren Zeitdruck in den Mittelpunkt zu stellen – schnurstracks auf eine Lösung hin.
4. „Da haben Sie nicht richtig zugehört!“
Ein Klassiker – alternativ oft auch als: "Da haben Sie mich missverstanden!" formuliert. Es hilft sich selbst daran zu erinnern, dass Ich- bzw. Wir-Botschaften und Kommunikation "über die Sache" wesentlich konstruktiver sind als die "Anklage" Ihres Gesprächspartners. „Da haben wir aneinander vorbeigeredet." oder „Da haben wir uns missverstanden." macht schließlich deutlich weniger defensiv.
Damit Sie Missverständnisse in Zukunft vermeiden können, achten Sie darauf, Wichtiges immer noch einmal kurz zusammenzufassen und sich bei Ihrem Gegenüber rückzuversichern, dass ihm alles klar ist und er einverstanden ist. Schauen Sie unbedingt auch auf Gestik und Mimik: Wenn ein Elternteil versichert, alles verstanden zu haben, ihm aber die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben stehen, formulieren Sie das Gesagte lieber noch einmal genauer. Wesentliche Inhalte und Absprachen halten Sie am besten auch noch kurz schriftlich fest – so können Sie sie zur Erinnerungen gegebenenfalls auch noch einmal herumschicken bzw. -mailen.
5. „Ihr Kind ist fast immer unvorbereitet.“
Wenn Schüler/-innen regelmäßig ohne die Hausaufgaben oder die nötigen Unterrichtsmaterialien auftauchen, stoßen Sie als Lehrer/-in irgendwann an Ihre Grenzen. Statt den Eltern "ins Gewissen zu reden" begeben Sie sich besser gemeinsam auf Ursachenforschung. Fragen Sie offen nach: „Was meinen Sie, woran es liegt? Und was können wir tun?“.
Vielleicht können die Eltern im Gespräch mit ihrem Kind vorsichtig herausfinden, ob die Hausaufgaben zu schwer sind. Vielleicht hilft es, wenn die Eltern abends gemeinsam mit ihrem Kind die Checkliste für den nächsten Tag durchgehen. Oder Sie einigen sich darauf, dass Sie die Hausaufgaben in Zukunft noch früher vor dem Stundenende schriftlich festhalten lassen. Egal, was Sie beschließen: Wichtig ist, dass Sie als Team zusammenarbeiten, statt die Verantwortung auf den anderen abzuwälzen.
6. „Sie müssen bei Ihrem Kind dringend auf bessere Ernährung achten.“
Um Schüler/-innen, die nur mit ungesundem Süßkram oder sogar ganz ohne Essen zur Schule kommen, machen Sie sich zu Recht Gedanken. Der Konfrontationskurs hilft aber natürlich niemandem weiter – und oft liegt der Ursprung des Problems schlichtweg darin, dass die Eltern selbst nicht wissen, wie eine gesunde Ernährung für ihre Kinder aussehen muss.
Statt den Eltern Vorwürfe zu machen oder sie zu belehren, setzen Sie diplomatischer und indirekter an: Sprechen Sie zunächst über die Symptome, die Sie beobachten. „Ich habe bei Leon beobachtet, dass er oft müde und unkonzentriert ist und häufig Kopfweh hat. Dann ist mir aufgefallen, dass er zwischendurch kaum etwas trinkt und meist nur schnell einen Schokoriegel mümmelt.“ Erzählen Sie dann von den Ernährungsgewohnheiten anderer Schüler/-innen und zeigen Sie so Alternativen auf: „Leons Sitznachbar hat meist ein Vollkornbrot, eine Banane und Wasser dabei und wenn er Leon etwas davon abgibt, ist Ihr Sohn gleich viel fitter.“ Wenn Sie merken, dass die Eltern generell offen sind, können Sie dann noch etwas tiefer einsteigen und gegebenenfalls erklären, dass regelmäßiges und gesundes Essen für die Schüler/-innen wichtig ist – und meist auch günstiger als der Süßkram-Kauf am Büdchen.
7. „Sie wirken auf mich völlig überfordert.“
Wenn Sie den Eindruck haben, dass die Eltern mit der Erziehung oder dem Haushalt überfordert sind, kann es Sie als Pädagoge natürlich ordentlich in den Fingern jucken. Statt anzuklagen, die Eltern zu belehren oder über ihre Köpfe hinweg aktiv zu werden, suchen Sie zuerst feinfühlig das Gespräch.
Stellen Sie offene, aber unbedingt sensible und wertschätzende Fragen und bauen Sie langsam Vertrauen auf. „Kann es sein, dass Ihnen die Situation zu Hause ein bisschen über den Kopf gewachsen ist?“ klingt schließlich ganz anders als: „Wann haben Sie eigentlich zuletzt die Kleidung Ihre Sohnes gewaschen?“
Verschaffen Sie sich behutsam ein Bild von der Situation zu Hause, hören Sie aufmerksam zu und zeigen Sie Verständnis – und erst dann zeigen Sie Hilfsmöglichkeiten auf. Wichtig: Überrollen Sie die Eltern nicht mit Ihren Vorschlägen. Machen Sie Ihnen Angebote – und geben Sie Ihnen etwas Zeit, sich damit auseinanderzusetzen, bevor Sie weiter aktiv werden.
Wie man Elternarbeit bereits ab der Grundschule erfolgreich umsetzen kann, erfahren Sie in diesem Erfahrungsbericht einer Berliner Schule.
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