Prüfungsangst – was sich dagegen tun lässt
Verteiltes Lernen, strukturiertes Lernen und gesunde Ernährung
Eigentlich sind die meisten Schülerinnen und Schüler gut vorbereitet. Der Lernstoff wurde intensiv im Unterricht behandelt und es sollte auch klar sein, was in der Prüfung vorkommen wird. Dennoch erleben Lehrerinnen und Lehrer immer wieder Überraschungen, weil Schülerinnen und Schüler bei der Prüfung versagen oder Tests schreiben, die weit unter ihren sonstigen Leistungen liegen. Oft liegt es daran, dass die Angst vor der Prüfung die Oberhand bekommen hat. Was tun?

Schätzungsweise 15 bis 30 Prozent Schülerinnen und Schüler leiden unter Prüfungsangst. Bereits Tage vor dem eigentlichen Test sind sie nervös und am Prüfungstag selbst rast der Puls, sie schwitzen, ihre Hände zittern und es will sich kein klarer Gedanke bilden. Wie können Lehrerinnen und Lehrer ihnen helfen?
Die meisten Prüfungen im Laufe der Schulzeit sind schriftliche Prüfungen. Mit nur wenigen Ausnahmen. Erst bei den Abschlussprüfungen bekommen auch die mündlichen Prüfungen eine Bedeutung. Bis dahin aber sollten die Schülerinnen und Schüler den Umgang mit Prüfungssituationen gelernt haben und deswegen mit diesen Techniken auch eine mündliche Prüfung meistern können.
Vertrauen und Gewissheit
Prüfungsangst, das zeigen Studien, haben einen negativen Einfluss auf den Bildungserfolg – und zwar von der Grundschule bis zum Studium. Es gilt also, Strategien zu erlernen, die diese Angst bändigen. Zunächst einmal hilft Vertrauen gegen Angst. Ein vertrauensvolles Verhältnis der Schülerinnen und Schüler zur Lehrkraft und ein gutes Klassenklima sind dafür wichtige Eckpfeiler. Außerdem sollte den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung der Prüfung klar sein. Eine fünf ist kein Weltuntergang und in der Regel lassen sich schlechte Noten auch wieder verbessern. Was natürlich nicht bedeutet, dass es egal ist, wie der Test ausfällt. Aber mit der Hoffnung auf eine Steigerung der Note und eine kommende Prüfung, die besser ausfallen wird, kann den Schülerinnen und Schülern bereits ein Teil ihrer Angst vor der Prüfung und ihrem Ausgang genommen werden.
Auch Ungewissheit macht Angst. Das bedeutet, die Aufgabenstellungen und die Ansprüche sollten klar definiert sein. Vielleicht lässt sich vorab – wenn es die Zeit erlaubt – eine Testklausur schreiben, bei der die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen ohne den eigentlichen Prüfungsdruck testen können. Mit den Ergebnissen dieser Probe können sie dann gezielt weiter lernen. Eine Methode könnte auch sein, alte Prüfungsergebnisse anzuschauen, um herauszufinden, was nicht gut lief und wie es besser laufen könnte.
Lernstrategien
Erfolgreiches Lernen ist das A und O der Prüfungsvorbereitung und einer erfolgreichen Schullaufbahn. Gut, wenn die Schülerinnen und Schüler bereits früh Lernstrategien kennengelernt haben und sie auch anwenden können.
Denn Lernstrategien sind im Zusammenhang mit Prüfungsangst entscheidend, das legt das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF) in Frankfurt/Main aus dem Jahr 2022 nahe. Es ist wie bei der berühmten Katze, die sich in den Schwanz beißt: Denn diese Studie hat ergeben, dass die Prüfungsangst bereits das Lernen behindert. Das heißt, wer Angst vor der Prüfung hat, lernt schlechter, wer schlechter lernt, schneidet in der Prüfung schlechter ab und wird möglicherweise bei der nächsten Prüfung wieder versagen. Wie lässt sich dieser Kreislauf unterbrechen? Die Schlussfolgerung aus dieser Studie lautet: Lernstrategien üben.
Strategie 1: Verteiltes Lernen
Viele Schülerinnen und Schüler lernen vor den Prüfungen intensiv, allerdings mit mäßigem Erfolg. Woran liegt das? Es ist bekannt, dass dieses sogenannte Bulimie-Lernen wenig bringt. Sich kurz vor der Prüfung möglichst den gesamten Stoff anzueignen, ist einerseits wenig erfolgversprechend und führt außerdem dazu, dass das Wissen nicht nachhaltig verankert wird und bereits nach wenigen Wochen nur noch mangelhaft vorhanden ist. Für Fächer, in denen der Lernstoff aufeinander aufbaut, eine fatale Entwicklung. Besser ist eine andere Methode, die auch als verteiltes Lernen bezeichnet wird. Aus der Lernpsychologie ist längst bekannt, dass das über mehrere Tage verteilte und wiederholte Lernen, bei dem Pausen einlegt werden, nachweislich nachhaltiger ist. Doch wie genau findet das statt? Und wie lange sollten die Pausen sein?
Nicholas Cepeda und sein Forschungsteam von der University of Colorado in den USA sind in einer Metaanalyse dieser Frage nachgegangen. Ihre Antwort: Am wirksamsten ist die Wiederholung genau dann, wenn das Erinnern bereits etwas anstrengend ist, aber gerade noch gelingt. Wer nachhaltiges Lernen fördern will, sollte mit kurzen Pausen beginnen und die Abstände nach und nach vergrößern. Ist die Pause zu kurz, kann das Erlernte relativ mühelos und ohne Anstrengung – und mit wenig Effekt – abgerufen werden. Wird die Pause hingegen zu lang, kann das Wissen möglicherweise nicht mehr reaktiviert werden. Für die einzelnen Schülerinnen und Schüler bedeutet dies, sie müssen ihren eigenen Rhythmus von Lernzeiten und Pausen finden, mit dem sie am effektivsten lernen können. Es lohnt sich durchaus, Schülerinnen und Schüler anzuregen, nach dem für sie idealen Rhythmus beim verteilten Lernen zu suchen.
Auch im Unterricht lässt sich diese Methode anwenden, etwa indem Inhalte nach einer bestimmten Zeit wieder aufgegriffen werden, zum Beispiel durch Rückfragen. Das gilt auch für Hausaufgaben.
Strategie 2: Mit verschiedenen Methoden lernen
- Mit Wissenskarten können Schülerinnen und Schüler, die gern strukturiert an Aufgaben herangehen, diese Eigenschaft nutzen, was ihnen zusätzliche Sicherheit bei den Prüfungen verschafft. Aber auch Schülerinnen und Schüler, denen das gut organisierte Lernen schwerfällt, können von dieser Methode profitieren. Je nach Fach werden Wissenskarten erstellt, die die wichtigsten Formeln enthalten und auf der Rückseite ein entsprechendes Beispiel bereithalten. Das gleiche gilt für Grammatikregeln oder naturwissenschaftliche Zusammenhänge. Diese Wissenskarten werden dann insbesondere vor anstehenden Tests zum Lernen genutzt.
- Auch gemeinsames Lernen kommt manchen Schülerinnen und Schülern zugute. Sie können sich gegenseitig unterstützen, aber auch korrigieren oder gemeinsam nach Lösungen suchen.
- Und schließlich können Schülerinnen und Schüler mithilfe Künstlicher Intelligenz Prüfungen simulieren. Wichtig ist, dass sie zuvor im Unterricht gelernt haben, sinnvolle Prompts zu schreiben. Mit den richtigen Vorgaben wird die KI dann Probeklausuren anbieten und sie sogar - mit Kommentaren und den richtigen Lösungen versehen - korrigieren.
Strategie 3: Gesundheit und Ernährung
„Liebe Schülerinnen und Schüler, ernährt euch bitte gesund – vor allem vor einer Prüfung oder am Prüfungstag.“ Dieser Tipp ist zwar gut gemeint, aber was bringt er, vor allen Dingen was bedeutet „gesunde Ernährung?“ Allzu viel wird in der Schule nicht zu diesem Thema vermittelt. Gut also, wenn Lehrkräfte sich ein wenig Zeit nehmen und sich – und ihre Schülerinnen und Schüler – in Sachen Ernährung fit machen. Und schließlich: Wer sich gesund und bewusst ernährt, fühlt sich einfach wohler und bekommt ein positiveres Selbstbild. Und auch das kann gegen Prüfungsangst helfen!
Ein essenzieller Stoff in unserer Ernährung ist Eiweiß (Protein). Es kommt nicht nur in tierischen Lebensmitteln vor, sondern auch in pflanzlichen. Gute Eiweißspender sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und Bohnen, außerdem Nüsse, Hafer, Tofu oder Quinoa. Nüsse und Samen, denn sind außerdem reich an Vitamin E, Magnesium und Zink. Sie schützen Nervenzellen und fördern die Durchblutung im Gehirn. Beeren, wie zum Beispiel Heidelbeeren, Himbeeren oder Erdbeeren können mit ihren Antioxidantien die Signalübertragung im Gehirn fördern und das Langzeitgedächtnis stärken.
Vollkornprodukte sollen die Konzentration verbessern und Grünes Blattgemüse wie zum Beispiel Spinat, Grünkohl oder Rucola ist mit seiner Folsäure und den Antioxidantien wichtig für Gehirnstoffwechsel. Auch Avocados sollen die Durchblutung des Gehirns fördern. Bananen schließlich sorgen für schnelle und gesunde Energie beim Lernen. Und statt Kaffee, Energiedrink oder Limonade empfiehlt sich Grüner Tee und Wasser. All diese Effekte treten allerdings nicht nach einem einmaligen Verzehr auf – nach dem Motto „Ich esse eine Avocado und kann ab sofort besser lernen“. Sie setzen eine dauerhafte gesunde Ernährung voraus. Wer nach geeigneten leckeren und gesunden Rezepten sucht, wird im Internet fündig. Vielleicht lässt sich ja einmal im Monat - oder wenigstens einmal pro Schulhalbjahr - ein gesunder Ernährungstag einrichten, an dem die Schülerinnen und Schüler ihr selbstgemachtes gesundes Essen mitbringen und gemeinsam verzehren?
Die Prüfung
Auch am Prüfungstag selbst können Lehrkräfte ihren Schülerinnen und Schülern helfen. Etwa, indem sie ihnen nahelegen, den Test zunächst genau anzuschauen und - wenn möglich - mit den einfachen Arbeiten anzufangen. Und sie können versuchen, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen, in der Hoffnung, dass dieses Gefühl auch auf die Prüflinge überspringt.