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Unterricht gestalten / 03.11.2021

{Sprachsalon} Praxistipps vom Journalisten 

Reportage und Fake News 

Das Deutschbuch präsentiert den Sprachsalon – Inspirationsquelle für einen spannenden und aktuellen Deutschunterricht. In diesem Beitrag der Reihe gibt Journalist David Schraven wertvolle Tipps zum Schreiben einer Reportage und wie Texte noch verbessert werden können. Außerdem gibt er Hinweise, wie wir verlässliche Informationen von Falschmeldungen unterscheiden können.

David Schraven schreibt an einem Whiteboard
Bild: Cornelsen/Kemnitzmares, Michael Kemnitz

Zur Auseinandersetzung mit diesem Thema finden Sie passende Kopiervorlagen zum unmittelbaren Unterrichtseinsatz für die Klasse 8–10 (Gymnasium, Gesamtschule).

Sieben Regeln für eine gute Reportage

  1. Mach es konkret: nicht „die laute Treppe“ schreiben – sondern: „Als ich auf die Treppe steige, schreckt der Opa Heinz aus dem Mittagsschlaf auf. Das Holz knirscht.“ 
    Merksatz: Adjektive sind böse.
     
  2. Passiv-Konstruktionen meiden: nicht schreiben „das Gemüsebeet wurde verwüstet“ – sondern: „Opa Heinz rannte aufgeschreckt mitten durch das Gemüsebeet vor der Küche. Es sah danach aus, wie ein Stoppelacker.“ 
    Merksatz: Jede Tat hat einen Täter.
     
  3. Beschreiben, nicht behaupten: nicht „Opa lief weiter in das große Feld“ – sondern: „Opa blieb erst fünf Minuten später am Ende des Feldes hinter dem Haus stehen. Er musste seine Hände auf den Knien abstützen, so atemlos war er.“ 
    Merksatz: Was für Dich groß ist, ist für mich klein.
     
  4. Kurze Worte: Fast alles, was wichtig ist, hat eine Silbe. Kopf, Haut, Hand, Herz, Fuß, Mensch, Mann, Frau, Kind, Berg, Tal, Stadt, Dorf, Haus, Bett, Tisch, Stuhl. Lange Wörter stören den Lesefluss. Vermeide sie.
    Merksatz: Du willst, dass ich Dich verstehe. Deswegen bemühe Dich, es mir einfach zu machen, Dir zu folgen.
     
  5. Fremdwort-Tabu: Sag einfach, wie es ist. Spar Dir das Dick-Auftragen. 
    Merksatz: Nur Angeber benutzen Latein.
     
  6. Suche die Melodie: Summe beim Schreiben, um den Fluss der Worte in Deinem Text zu finden. In der gesprochenen Sprache gibt es keinen Punkt und kein Komma. Lass Dich vom Takt der Sätze treiben. 
    Merksatz: Wichtiger als richtiger Satzbau ist der richtige Einsatz.
     
  7. Vermeide Bremsklötze: Beschreibe, was Menschen tun, und keine Systeme oder Strukturen. Wir lesen, was jemand denkt, fühlt, spürt, tut. Uns langweilen Faktenberge in Datenwüsten. Wenn Du schon über Langweiliges schreiben musst, langweile mich nicht, sondern erzähle was ein Mensch da macht. Merksatz: Der Mensch interessiert sich für den Menschen.

Fünf Tricks, mit denen ein Text definitiv besser wird

  1. Wenn Du mit Deinem Text fertig bist, lösche den ersten Absatz. Wenn der Text dann immer noch funktioniert, lass ihn so stehen. Merksatz: Den ersten Absatz braucht fast jeder nur zum Einschreiben. 
     
  2. Ändere jeden Satz, in dem Du das Wort „man“ verwendest. Merksatz: „Man“ hat keine Telefonnummer.
     
  3. Nutze Verben. Verben. Verben. Merksatz: Verben machen einen Text lebendig.
     
  4. Ung, Heit, Keit sind böse. Hinter jedem Wort mit dieser Endung verbirgt sich ein Verb, das Deinen Text schöner machen könnte. Merksatz: Ung, Heit, Keit dürfen nicht auf den Wortspielplatz. 
     
  5. Halte Dich kurz. Nur Ahnungslose nutzen Schachtelsätze, um so zu tun, als seien sie klüger als andere. Merksatz: Schreib einfach und geradeaus, damit Dich die Menschen verstehen.

Fake News: Woran erkennt man seriöse Informationen im Netz?

Es ist keine Garantie, nicht Falschmeldungen oder Verschwörungstheorien aufzusitzen. Aber ein paar Indizien, an denen sich verlässliche Informationen erkennen lassen, gibt es: 

NEWS 

  • Sie stehen nicht nur an einem Ort / auf einer Seite, sondern werden von vielen aufgenommen und geteilt. 
  • Die Informationen sind rückverfolgbar und ihre Quelle konkret benannt. Ein Freund von einem Freund hat gesagt, dass … ist ist keine seriöse Quelle, sondern eine Gerüchteküche. 
  • Die Erkenntnis ist nachvollziehbar und wiederholbar. Wissenschaftliche Veröffentlichungen beispielsweise werden häufig einer so genannten Peer-Review und damit einer ersten Qualitätsprüfung durch gleichschlaue Wissenschaftler unterzogen.

FAKE 

  • Mit diesem Thema beschäftigen sich keine renommierte Redaktion oder Verlage.
  • Die Quelle verfügt über keine erkennbare Kompetenz – wie beispielsweise wissenschaftliche Reputation – und keine Nähe zum Zeitgeschehen. Ein seit Jahren pensionierter Professor ist im Zweifel nicht so nah am Zeitgeschehen wie ein aktiv forschender.
Bild: Cornelsen/Kemnitzmares, Michael Kemnitz

David Schraven ist vielfach ausgezeichneter Journalist. Er ist Gründer und Leiter des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV, das durch investigative Reportagen systematische Missstände und ethisches Fehlverhalten innerhalb der Gesellschaft aufzudecken versucht. Als Geschäftsführer der Reporterfabrik trägt Schraven aktiv zur Aus- und Fortbildung von Journalisten bei. Mit Buergerakademie.info betreibt er zudem die größte digitale Plattform für Medienkompetenz-Schulungen in Deutschland.

Berufsbild Journalist: Interview mit Journalist David Schraven 

„Objektivität? Schwierig!“ Der Bottroper Journalist David Schraven ist ein vielfach ausgezeichneter Rechercheur und Reporter. Als Gründer des Recherchekollektivs CORRECTIV spürt er kleinen und großen Skandalen hinterher in einer Zeit, in der Journalisten verstärkt unter Beschuss geraten. Aber was ist Journalismus heute überhaupt? Wofür steht er, was muss er im Zeitalter der Fake News leisten? Autor Harald Willenbrock spricht in einem spannenden Interview mit David Schraven über Angler, Skandale und gute Recherche. 

Passend zum Thema: Kopiervorlagen für Klasse 8-10

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