Mobbing / 18.01.2022

Cybermobbing im Unterricht

Das sollten Sie als Lehrkraft wissen! 

Der Begriff "Cybermobbing" scheint allgegenwärtig zu sein: Neue Medien und soziale Netzwerke bieten den idealen Nährboden für diese neue Dimension des Mobbings. Welche Warnzeichen gibt es? Und wie reagieren Sie als Lehrkraft im Ernstfall richtig? Wir haben alles Wissenswerte komprimiert für Sie zusammengefasst.

Bild: Shutterstock.com/SpeedKingz

Cybermobbing: eine neue Dimension

Der Begriff "Cybermobbing" umfasst alle Formen des Mobbings, "die unter Einsatz der technischen Kommunikationsmittel verübt werden": Handy, Telefon, Videotelefon (beispielsweise Skype), Videos im Internet (zum Beispiel YouTube), E-Mail, Instant-Messenger, Chatrooms, soziale Netzwerke und Blogs.1 Auch das sogenannte Sexting, also im weiteren Sinne das Versenden sexueller Inhalte über virtuelle Kanäle, ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Nacktbilder, die eine Schülerin ihrem ehemaligen Freund per WhatsApp geschickt hatte, tauchen dann beispielsweise plötzlich öffentlich im Internet auf und werden zum Instrument für Cybermobbing.

Die Mobbing-Attacken finden auf verschiedenste Arten statt. Von Telefonterror und beleidigenden SMS-Nachrichten über fiese Facebook-Kommentare und das Anlegen falscher Profile in sozialen Netzwerken bis hin zum Versand von Gewaltvideos und konkreten Drohungen ist beinahe alles möglich.

Das Perfide am Cybermobbing ist unter anderem die Tatsache, dass die Täter ihre Angriffe zu jeder Tages- und Nachtzeit ausüben können. Das Opfer der Attacken findet nirgendwo mehr einen geschützten Raum und muss immer und überall befürchten, zur Zielscheibe zu werden. Die Hemmschwelle im "Cyberspace" ist zudem deutlich niedriger: Die Täter fühlen sich anonym und sicher und können wesentlich brutaler vorgehen, weil sie nicht unmittelbar mit der Reaktion ihres Opfers konfrontiert werden. Weil auch diese den Tätern nicht ins Auge sehen müssen, "wehren" sich die Opfer teilweise ihrerseits mit beleidigenden Nachrichten oder Inhalten – so eskaliert die Situation meist vollends.

Für den Gemobbten ist oft völlig unklar, wer genau sich an den Angriffen beteiligt, wie lang die Verunglimpfung im Web schon dauert und wie weitreichend das Mobbing tatsächlich ist. Sie fühlen sich hilflos und ausgeliefert – das Internet vergisst bekanntlich nichts und einmal veröffentliche Inhalte können sich rasend schnell verbreiten. Das Gefühl, keine Kontrolle über die Situation zu haben und dem Mobbing völlig ausgeliefert zu sein, ist besonders quälend.

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Anzeichen für Cybermobbing

Die Folgen von Cybermobbing sind durchaus verschieden – abhängig von Intensität, psychischer Verfassung und auch familiärem Rückhalt variieren sie deutlich. Es gilt aber in jedem Fall: Mobbing hat klare negative Auswirkungen und kann die Opfer psychisch und physisch enorm belasten.

Ein Warnzeichen kann sein, dass ein Schüler/eine Schülerin plötzlich häufig fehlt. Wenn sich die Leistungen verschlechtern, die mündliche Mitarbeit immer weniger wird und deutliche Konzentrationsschwierigkeiten auftreten, können auch das Alarmsignale sein. Zieht sich der Schüler/die Schülerin immer mehr in sich zurück, wird vielleicht von den Mitschülern/Mitschülerinnen angegriffen oder gehänselt und wirkt auf Sie insgesamt gereizter, nervöser oder übersensibel, kann auch das auf Mobbing hindeuten. Wenn Sie eine Verhaltensänderung bemerken, gehen Sie auf die Eltern des Schülers/der Schülerin zu und fühlen Sie nach, ob auch ihnen etwas aufgefallen ist.

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Präventionsmöglichkeiten: Miteinander fördern und klare Signale setzen

Ein gutes soziales Miteinander in Schule und Klasse kann Mobbing vorbeugen. Je stärker die Verbundenheit mit der Schule und das Gemeinschaftsgefühl sind, desto seltener schikanieren Kinder und Jugendliche ihre Mitschüler/-innen. Eine positive Konfliktkultur, Peer-Mediatoren, regelmäßige Klassengesprächskreise und ein Klassenrat sind nur ein paar der vielen Möglichkeiten, an einem guten sozialen Umgang miteinander zu arbeiten.

Wichtig ist darüber hinaus auch, dass Sie klare Zeichen gegen Mobbing setzen und den Schülern/Schülerinnen deutlich signalisieren, dass so etwas in Ihrer Schule nicht hingenommen wird. Nehmen Sie also jeden Verdacht ernst und greifen Sie im Fall der Fälle unbedingt sofort ein.

Die Ernennung eines Mobbingbeauftragten, an den sich jeder Schüler/jede Schülerin ohne Angst wenden kann, Informationsabende für die Eltern und eine sinnvolle Medienerziehung, die die Kinder und Jugendlichen für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Medien sensibilisiert, sind weitere wichtige Bausteine. Sorgen Sie dafür, dass sich die Schüler/-innen mit dem Thema Cybermobbing auseinandersetzen und wissen, wie ernst die Folgen sein können. Positionieren Sie sich klar als Ansprechpartner/-in und machen Sie auch deutlich, dass es kein Petzen, sondern absolut notwendig ist, sich an Sie zu wenden, wenn einem Schüler/einer Schülerin etwas auffällt oder er/sie selbst von Cybermobbing betroffen ist. Im Unterricht können Sie außerdem gemeinsam Richtlinien erarbeiten, wie zeitnah auf Cybermobbing reagiert werden kann.

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Soforthilfe: Im Ernstfall richtig reagieren

Führen Sie im Ernstfall zunächst ein Gespräch mit dem Opfer der Mobbing-Attacken. Hören Sie zu, schaffen Sie Vertrauen und sorgen Sie für Entlastung. Versuchen Sie, sich ein Bild von der Intensität, dem Umfang und den am Mobbing Beteiligten zu machen. Sagen Sie unmissverständlich Ihre Unterstützung zu und bieten Sie an, mit den Eltern zu reden – natürlich nur, wenn der Betroffene das auch möchte. Vereinbaren Sie außerdem ein Gespräch, in dem Sie das weitere Vorgehen der Schule besprechen können.

Langfristig geht es darum, den Gemobbten/die Gemobbte bei der Bewältigung und Verarbeitung des Mobbings zu unterstützen. Dafür kann ggf. auch psychotherapeutische Hilfe nötig sein. Es gibt allerdings auch "schnellere" Interventionsmöglichkeiten – Soforthilfen, wenn Sie so möchten –, die zum Einsatz kommen können:

  • Beleidigende Einträge, Kommentare und Inhalte können in den meisten Online-Communities mittlerweile gemeldet werden. Damit wird dem Mobbing natürlich nicht sofort ein Riegel vorgeschoben – aber es ist ein erster Schritt, aktiv zu werden und sich mit den richtigen Mitteln zu wehren.
     
  • Die Betroffenen sollten die Angriffe unbedingt dokumentieren. SMS-Nachrichten und E-Mails können Sie speichern, Screenshots anfertigen und Fotos und Videos mit Vermerk von Datum, Uhrzeit und Quelle des Downloads in einem eigenen Ordner speichern. Anrufe können Sie protokollieren oder eventuell auch mithören lassen.
     
  • Soweit es technisch möglich ist, sollten sie den Mobber/die Mobberin blockieren beziehungsweise sperren.
     
  • Auf keinen Fall darf der Gemobbte/die Gemobbte auf die Beleidigungen reagieren und womöglich sogar ebenfalls beleidigend werden. Er/Sie sollte dem Mobber/der Mobberin niemals antworten oder ihn/sie gar angreifen – das verschlimmert die Situation nur noch mehr. Im Notfall ist gegebenenfalls der Wechsel von E-Mail-Adresse und Handynummer empfehlenswert.
     
  • Achten Sie außerdem darauf, den Mobber/die Mobberin nicht über Ihr weiteres Vorgehen zu informieren.

Machen Sie sich selbst ein Bild, dokumentieren und recherchieren Sie. Überlegen Sie dann, wen Sie mit ins Boot holen müssen – Eltern, die Klasse oder zum Beispiel den Beratungslehrer/die Beratungslehrerin? Unternehmen Sie unter gar keinen Umständen etwas, ohne sich mit dem/der Gemobbten zu besprechen.

Haben Sie herausgefunden, wer hinter den Attacken steht, müssen Sie anhand der Schwere des Mobbings entscheiden, wie Sie verfahren: Soll schulintern mit Anti-Mobbing-Strategien gearbeitet werden oder muss Anzeige bei der Polizei erstattet werden? Wenn Sie das Mobbing schulintern aufarbeiten wollen, unterbinden Sie sofort alle Angriffe. Vielleicht müssen Sie den Schüler/die Schülerin dazu aus dem Unterricht holen und ihn/sie dazu anhalten, alle beleidigenden Inhalte sofort zu löschen. Ob Sie ihn/sie dann nach Hause schicken oder ein Gespräch mit den Eltern führen, ist wieder abhängig vom Einzelfall.

Wenn der Mobber/die Mobberin nicht zu ermitteln ist, bleibt oft nur die Möglichkeit, eine Anzeige zu erstatten. Entgegen der landläufigen Meinung ist das Internet keinesfalls ein rechtsfreier Raum und Mobbing erfüllt vielfach sogar Straftatbestände. Auch hier gilt aber selbstverständlich: Beraten Sie sich mit dem/der Gemobbten und werden Sie keinesfalls aktiv, ohne mit ihm/ihr gesprochen zu haben – das Gefühl, keine Kontrolle mehr zu haben, hat ihn/sie schließlich lange genug gequält.                           

Literatur

  • 1 "Cybermobbing (Teil 1) – Hintergrundinformationen" von Florian Schwarz, Zeitschrift Schulmagazin 5–10, Ausgabe 9/2011, www.schulmagazin5-10.de/smz20110959
  • "Cybermobbing (Teil 2) – Präventions- und Interventionsmöglichkeiten" von Florian Schwarz, Zeitschrift Schulmagazin 5–10, Ausgabe 10/2011, www.schulmagazin5-10.de/smz20111059
  • "99 Tipps: Anti-Mobbing" von Peter Rosenkranz, Cornelsen Scriptor, ISBN 978-3-589-16217-8
  • "Schluss mit Mobbing – Fallbeispiele und Handlungsstrategien für Schüler, Eltern und Lehrer" von Wolfgang Kindler, Verlag an der Ruhr, ISBN 978-3-8346-2470-3

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