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Differenzieren & Fördern / 22.06.2018

DaZ unterrichten: Fachwissen, Fehler und Fantasiesprache

Bildungsreferentin Carola Mundo über die sinnvolle Gestaltung des Unterrichts von Deutsch als Zweitsprache (DaZ)

Grammatikregeln, Wortschatz und Satzbau sind längst nicht alles. Für Carola Mundo kommt es auf einen ganzheitlichen Ansatz an – darin haben neben solidem Fachwissen auch Spielerisches, Gestik, Mimik und eine offene Fehlerkultur ihren Platz. Zu verstehen, wie wir eine fremde Sprache erlernen, hilft dabei. Ihr Wissen und ihre Erfahrungen gibt Carola Mundo in Fortbildungen an Pädagog/-innen und Ehrenamtliche weiter. Seit gut zehn Jahren führt sie selbst erfolgreich Lernprojekte für Grundschulkinder mit Förderbedarf durch.

Kinder und Erwachsener betrachten einen Globus in einer Bibliothek.
Bild: Shutterstock.com/wavebreakmedia

Interview mit Carola Mundo

Frau Mundo, Ihre Workshops für Lehrer/-innen in Willkommens- bzw. Intensivklassen sind sehr beliebt: Sie verknüpfen darin linguistisches Fachwissen mit praktischen, handlungsorientieren Übungen. Wie ist Ihre Herangehensweise?

Carola Mundo: Mir liegt viel daran, wie man als Pädagogin/Pädagoge in einem ganzheitlichen Ansatz erreicht, dass die Schüler/-innen die Dinge wirklich verstehen. Wie man mit guten Erklärungen, mit Einfühlungsvermögen und einer Offenheit für Fragen und Neugier pädagogisch viel bewirken kann. In meinen Augen reicht es nicht, nur den Wortschatz und die grammatikalischen Regeln zu lehren, denn nur wenn man die dahinter stehenden Ideen und Konzepte nachvollziehbar vermittelt, werden die Schüler/-innen sie wirklich verstehen und auch anwenden können. Deshalb lege ich großen Wert auf linguistisches Fachwissen und wie man es verständlich in den Unterricht einbaut, auch mit Gestik, Mimik und spielerischen Elementen. Mein ganzheitliches pädagogisches Verständnis geht aber darüber hinaus: Sprach-, Lern- und Bildungserwerb gehören für mich zusammen.

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Viele Lehrer, die jetzt Deutsch als Zweitsprache (DaZ) unterrichten, sind als Deutschlehrer/-in germanistisch ausgebildet. Auch die Fachlehrer/-innen müssen teils in die Rolle der Sprachlehrerin/des Sprachlehrers wechseln. Was kann den Pädagoginnen und Pädagogen dabei helfen, dies gut zu machen?

Carola Mundo: Die allermeisten Lehrer/-innen sprechen Deutsch, aber sie lehren Deutsch nicht und haben es auch selbst nicht explizit gelernt. Aber ein systematisch aufgebauter Deutschunterricht hilft den Kindern, die als Seiteneinsteiger/-innen zu uns kommen und noch keine andere Fremdsprache erlernt haben, sehr dabei, unsere Sprache zu lernen. Je mehr also die Lehrer/-innen darüber wissen, wie die deutsche Sprache erworben wird, umso besser verläuft der Lernprozess.
Ich beschäftige mich sehr gerne damit, wie wir eine neue Sprache lernen, wie das Gehirn sich diese erarbeitet und was diesen Prozess unterstützt. Auf diesem Wissen beruhen viele handlungsorientierte Übungen, die ich in meinen Workshops mache und die ich für den Unterricht empfehle. Vieles ist noch nicht erforscht. 

Können Sie an einem Beispiel zeigen, wie man dies handlungsorientiert im Unterricht umsetzen kann?

Carola Mundo: Den Satzaufbau zu verstehen, ist etwas ganz Wichtiges. Wie werden einfache Hauptsätze mit Subjekt, Prädikat und Objekt aufgebaut? Wo steht das Verb und welche Ausnahmen kann es geben? Dafür nutze ich ein Satzbau-Theater mit Hula-Hoop-Reifen, mit Wort- und Bildkarten, spielerisch und praktisch. So wird beim Verb die Infinitiv-Endung abgeschnitten, es bekommt die passende Endung vom Subjekt und paart sich mit dem "Hauptdarsteller".

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Das Thema Empathie führt gleich zur nächsten Frage: Wie geht man mit Fehlern um? Denn in Ihrem pädagogischen Verständnis spielen Fehler keine geringe Rolle.

Carola Mundo: Wo aktiv eine Fehlerkultur gepflegt wird, da wird auch viel nachgefragt. Und wenn ein Lernender aktiv nachfragt, dann ist das Fenster, um Neues zu lernen, ganz weit offen. Ich selbst mache ganz bewusst "falsche" Fehler und natürlich auch "richtige" Fehler: Die "falschen" denke ich mir absichtlich aus und die "richtigen" passieren, weil Fehlermachen menschlich ist. Alle meine Schüler/-innen suchen Fehler und sie freuen sich, wenn sie meine Fehler finden. Dies stärkt die Aufmerksamkeit und es ist immer ein willkommener Impuls, mit den Schülerinnen und Schülern darüber ins Gespräch zu kommen – die fragen dann nach und wollen es wissen.

Zudem zeigt es, dass Fehler zu machen ganz menschlich ist. Gerade die Schüler/-innen, die jetzt kommen, sind bestrebt, uns zu gefallen und alles richtig zu machen. Da bringen Fehler auch immer etwas Auflockerung in den Unterricht.

Der Wunsch, alles richtig zu machen, ist gut zu verstehen – nach spätestens einem Jahr sollen und wollen die Kinder und Jugendlichen bereits aus den Willkommens- bzw. Intensivklassen in den Regelunterricht wechseln. Für die Lehrer/-innen ist das eine schwer zu meisternde Herausforderung, sie spüren sofort den Druck, wenn sie im Stoff hinterherhinken. Wie empfehlen Sie damit umzugehen?

Carola Mundo: Ja, zugespitzt sollte man eigentlich nicht vom "Leben" in den Intensivklassen sprechen, sondern besser vom "Überleben". Dennoch darf man sich davon nicht hetzen lassen, denn die Schüler/-innen brauchen einen soliden Unterbau.

Wer zum Beispiel einmal ganz genau verstanden hat, wie Sätze aufgebaut sind, wo das Verb steht und wie die Endung des Verbs bestimmt wird, der kann damit umgehen. Es bringt nichts, vieles anzureißen, nur um es abhaken zu können. Aber es bringt ganz viel, sich sehr darum zu bemühen und sich die Zeit zu nehmen, ganz solide Grundlagen zu legen, auf die die Schüler/-innen dann eigenständig aufbauen können. Mich freut es, wenn ich von meinen jugendlichen Schülerinnen und Schülern zurückgemeldet bekomme: "Frau Mundo, das war schräg bei dir, aber ich habe viel verstanden."

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