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Grundschule / 10.11.2022

{First Steps} Vom English Classroom zum plurilingualen Klassenzimmer

Mehrsprachigkeit im Englisch-Unterricht

Mehrsprachigkeit ist eine grundlegende Schlüsselkompetenz europäischer Bildungspolitik. Im vorliegenden Artikel erfahren Sie, was im Englischunterricht an der Grundschule getan werden kann, um Mehrsprachigkeit anzubahnen.

Tafel mit Text "Do you speak English?" neben Topf mit Stiften und britischer Flagge.
Bild: Shutterstock.com

Mehrsprachigkeit verbindet man oft mit Menschen, die verschiedene Sprachen sehr gut beherrschen. Die Europäische Kommission denkt in kleineren Dimensionen. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, dass möglichst viele Europäerinnen und Europäer in Zukunft neben ihrer Muttersprache kommunikative Kompetenzen in einer zweiten Sprache erwerben. An ein Native-Speaker-Niveau denkt dabei niemand. Um welche Fähigkeiten in der zweiten Sprache es genau geht, beschreibt der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER), an dem auch der Englischunterricht an der Grundschule orientiert ist und damit entscheidend zur Entwicklung von Mehrsprachigkeit beiträgt.

Spätestens ab Klasse 3 befinden sich Kinder durch ihren Englischunterricht auf dem plurilingualen Weg. Ein guter Teil von ihnen ist bereits mehrsprachig, weil sie Sprachen aus Herkunftsländern ihrer Familien sprechen und verstehen und so für Sprachenvielfalt im Klassenzimmer sorgen. In diesem von Mehrsprachigkeit geprägten Lernumfeld einen ausschließlich einsprachigen Unterricht im Fach Englisch durchzuführen ist für den angestrebten Kompetenzerwerb ggf. eher hinderlich.

Bis in die Nullerjahre hinein war es selbstverständlich, im Englischunterricht an der Grundschule nur eine Sprache zu benutzen, eben das Englische. Die Vermittlung von Fremdsprachen stand noch ganz unter dem Einfluss weit verbreiteter Methoden aus der Sekundarstufe. Als Spielarten der „direkten Methode“ war ihr gemeinsames Merkmal das Bekenntnis zur Einsprachigkeit. Zumindest so lange Lernende die Fremdsprache intensiv trainieren, hatten andere Sprachen außen vor zu bleiben. Man gab sich überzeugt, dass nur ein einsprachiger Unterricht Lernende befähigt, englische Satzbaumuster und Vokabeln korrekt zu reproduzieren.

Strategie Code-Switching

Von solchen Vorstellungen hat man sich mittlerweile entfernt. Seitdem die Lehrpläne eine funktionale Einsprachigkeit im Klassenzimmer empfehlen, nutzen Lehrkräfte den Sprachenwechsel als Lehrstrategie. Tatsächlich können immer Lernsituationen auftreten, bei denen nicht klar ist, ob alle Lernenden auch alles auf Englisch verstanden haben. In solchen Phasen ist ein Umschalten in die Erstsprache der Lernenden bzw. in die Schulsprache Deutsch und wieder zurück ins Englische durchaus angezeigt. Oft genügt ein gezielter Code Switch der Lehrkraft, um zu verhindern, dass die Kinder falsche Hypothesen zu einer Sprachform aufstellen.

Lehrkräfte nutzen den Code Switch auch zur Veranschaulichung, z. B. erläutern sie in der Schulsprache Deutsch, was die Kinder in der Fremdsprache ausführen sollen. Ähnliche Vorgehensweisen findet man auch in Materialien für den Englischunterricht an der Grundschule, die Arbeitsaufträge oder Kontexteinführungen, die auf Deutsch verfasst sind, enthalten. Diese Form des Scaffolding wird dann nach und nach wird wieder zurückgenommen. Schließlich sollen die Kinder einmal in der Lage sein, sich Wörter und Ausdrücke, die sie nicht verstehen, aus dem Zusammenhang zu erschließen, aus dem Kontext also.

Diagramm zeigt Gesprächsinstruktionen: "Sage, dass du Violine spielst" und Antwortoptionen.
Eine mehrsprachige Flowchart · Bild: Cornelsen/Inhouse

Nicht weniger hilfreich ist der Code Switch in der Sprachanwendung für die Lernenden selbst. Eine weit verbreitete Lernstrategie ist das gedankliche Vorformulieren einer Antwort in der Muttersprache. Wer sich noch unsicher ist, legt sich in der Muttersprache zurecht, was er in der Fremdsprache sagen möchte. Auch Äußerungen wie “I have a Meerschweinchen.“ oder Fragen wie “What is Meerschweinchen in English?“ sind nicht unüblich.

In einem mehrsprachigen Klassenzimmer sind Kommunikationsstrategien wie der Code Switch von der Fremd- in die Muttersprache in vielen Lernphasen sogar erwünscht, weil sonst die Gefahr besteht, dass Lernende nur mitteilen, was sie sagen können und nicht, was sie sagen wollen. In Phasen, in denen neuer Lernstoff angewendet wird, bleibt Code-Switching die Ausnahme.

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Funktionale Mehrsprachigkeit

Über das Code-Switching hinaus weist die Strategie des Translanguaging. Lehrkräfte können das Translanguaging bei Kindern beobachten, die verschiedene Herkunftssprachen beherrschen. Viele nutzen ihre Kompetenzen in mehreren Sprachen wie ein einziges Sprachsystem. Sie machen sich verständlich, indem sie z. B. türkische, arabische und deutsche Wörter in ihre Äußerungen auf Englisch einfließen lassen. Im Laufe der Zeit sammeln sich in ihrem Sprachsystem ausreichend Elemente der neuen Lernsprache. Ein Sprachenwechsel wird dann überflüssig. Bis es so weit ist, sind alle Sprachen der Kinder in Arbeitsphasen als Interaktionshilfen erlaubt. Da dies nicht nur die Schulsprache Deutsch ist, spricht man von funktionaler Mehrsprachigkeit.

In mehrsprachigen Klassenzimmern ist es normal, dass bei Gruppenarbeiten die Kinder ihr gesamtes sprachliches Repertoire einsetzen, um zu kommunizieren. Auf diese Weise können sie sich am gemeinsamen Lösungsprozess beteiligen und sprachenaktiv kooperieren. Dabei erfahren sie, dass ihre individuellen Sprachenkompetenzen hilfreich und wertvoll sind, auch wenn die Gruppenmitglieder nicht jedes Wort verstehen.

Neben der sprachlichen Intention, die darin besteht, die Interaktion für alle Kinder zu erleichtern, eröffnet eine funktionale Mehrsprachigkeit Möglichkeiten der kulturellen Bildung. Denn die Kinder erleben Sprachenvielfalt bewusst und können sich im Sinne entdeckenden Lernens damit beschäftigen. Bewusstheit für Sprachenvielfalt wird im Englischunterricht z. B. durch Sprachvergleiche initiiert. Besonders gut geht das, wenn die zu vergleichenden Sprachen zur selben Sprachfamilie gehören. Bei solchen Tätigkeiten können die Lernenden selbst erkennen, wie man Gemeinsamkeiten in verschiedenen Sprachen aufspürt und für das Verstehen einsetzt.

Tabelle zur Übersetzung von Schulwörtern ins Deutsche und andere Sprachen.
Sprachenvergleich: Ask and write · Bild: Cornelsen/Inhouse
Vergleich von Obstnamen: Deutsch, Englisch, Italienisch mit Pfeilen für Banane.
Sprachenvergleich: Match German, English and Italian words. · Bild: Cornelsen/Inhouse

Bilingualer Unterricht

Mehrsprachigkeit ist der „Markenkern“ des Content and Language Integrated Learning (CLIL). Das Grundprinzip dieses bilingualen Unterrichts ist schnell erklärt: Die Lernenden beschäftigen sich mit Inhalten eines Sachfachs und verwenden dabei als Arbeitssprache Englisch. Wenn sie es für nötig halten, wechseln sie in die Schulsprache oder aktivieren andere Sprachen ihres individuellen Sprachsystems. Vielleicht wollen sie einen Gedanken präziser formulieren, als es ihnen auf Englisch allein möglich wäre. Oder sie haben eine Frage, die sie noch nicht ganz auf Englisch stellen können.

An der Grundschule ist der Sachfachunterricht auf Englisch noch nicht sehr weit verbreitet. Ein vermehrter Einsatz des Englischen auch in anderen Fächern würde sich aber positiv auf die Fähigkeiten der Kinder auswirken. Studien zeigen, dass Kinder, die in Musik, Sachunterricht oder Kunst bilingual unterrichtet werden, deutlich bessere Leistungen in der Fremdsprache erzielen als im herkömmlichen Englischunterricht. Sowohl beim Hörverstehen als auch beim Sprechen oder Schreiben in der Fremdsprache zeigen sich Vorteile des mehrsprachigen Lernens. Mit kleinen bilingualen Anleihen bei der Aufgabenstellung ist ein erster Schritt in Richtung CLIL getan.

Text über Mozart und Ben, Instrumente: Violine als Streichinstrument, Mozarts Musik.
Fachsprache: Circle the right word. · Bild: Cornelsen/Inhouse

Das Mehrsprachige Klassenzimmer

Ein mehrsprachiges Lernumfeld lässt sich im Englischunterricht an der Grundschule ohne großen Aufwand umsetzen, da es durch viele Lehrstrategien unterstützt wird. Zentral dabei ist, dass der Input kindgerecht und damit gut verständlich ist. Die Kennzeichen des Easy English sind hierfür geeignete Orientierungslinien (kurze, redundante Sätze, eine Information je Satz etc.).

Visualisierungen, Veranschaulichungen und Beispiele bei der Vermittlung von Inhalten kommen im mehrsprachigen Klassenzimmer regelmäßig zum Einsatz. Da sich mehrsprachiges Lernen auf diese Weise interaktiv gestaltet, bietet es viele Möglichkeiten für die Kinder, sich produktiv einzubringen. Durch ein größeres Themenspektrum wir auch die Beschäftigung mit ausgewählten Inhalten ihrer Sachfächer ermöglicht, z. B. forest animals, the orchestra, healthy food.

Weil es das Verstehen und Mitteilen erleichtert, dürfen Lernende ihr ganzes Sprachsystem in Arbeitsphasen einsetzen. Dabei entstehen auch bunt gestaltete Schaubilder und Output-Clouds mit Wörtern und Begriffen in den Sprachen der Klassengemeinschaft. Zusammen mit verschiedenen gedruckten Lernhilfen, Lektüren und digitalen Ressourcen ergänzen sie die Grundausstattung eines mehrsprachigen Lernraums.

Vier Wolken mit Grüßen: merhaba, buongiorno, hasta luego, bye-bye.
Output-Clouds · Bild: Cornelsen/Inhouse

Fazit

Mehrsprachigkeit ist eine Schlüsselkompetenz, die in der Grundschule angelegt wird, wobei der Englischunterricht einen entscheidenden Beitrag dazu leistet, indem er erste kommunikative Kompetenzen in einer neuen Sprache vermittelt. Durch das Zulassen bereits erworbener Sprachen wird das Bewusstsein der Kinder für Sprachenvielfalt und für strategisches Lernen gefördert.

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