Digitale Medien / 01.03.2019

{Klexer} Medienkompetenz erwerben in allen Fächern

Wie Grundschulkinder Fotos und Filme produzieren und die Medien reflektieren

Die Digitalisierung des Alltags schreitet immer weiter voran. Dies stellt Lehrkräfte vor neue Aufgaben und Herausforderungen. Doch der Einsatz digitaler Medien bietet auch viele Chancen, Unterricht kreativ zu gestalten. Bei der Produktion von Fotos und Filmen werden Grundschulkinder selbst kreativ und zugleich zur Reflexion über Medien angeregt.

Bild: Shutterstock.com/Yuliya Evstratenko

Seit 2016 existiert ein Strategiepapier der Kultusministerkonferenz zum Thema "Bildung in der digitalen Welt", in dem der Medienkompetenzerwerb in sechs Kompetenzbereiche gegliedert ist. Die beschriebenen Kompetenzen sollen bis zur endgültigen Integration in die jeweiligen Kernlehrpläne für jede Schülerin und jeden Schüler mit Einschulung in die Grundschule bzw. Sekundarstufe I verbindlich ab dem Schuljahr 2018/2019 durch Unterrichtsangebote erreicht werden können. Zusätzlich sollen alle Schulen bis zum Ende des Schuljahres 2019/2020 ein Medienkonzept erarbeiten. Das Strategiepapier sieht auch die Notwendigkeit einer Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte vor, die die Länder zu konzipieren und umzusetzen haben.

Übersicht der sechs Kompetenzbereiche des Strategiepapiers der Kultusministerkonferenz zum Thema "Bildung in der digitalen Welt"

Auf der einen Seite stehen die Anforderungen der Bildungsadministration, auf der anderen die realen Umstände an den Schulen. Hier reicht die Bandbreite der Ausstattung von einer 1:1-Zuordnung mit Tablets oder anderen mobilen Geräten, Präsentationsmöglichkeiten in allen Räumen und einer kompletten WLAN-Ausleuchtung mit guter Internetbandbreite bis hin zu Schulen mit maroden PC-Räumen oder wenigen, veralteten Geräten ohne schnellen Internetanschluss.

Die jeweilige Schule muss in den Unterrichtskonzepten zur Medienkompetenzförderung ihre individuellen Voraussetzungen berücksichtigen und auch jetzt schon Lösungen anbieten. Angesichts der alltäglichen Präsenz von Smartphones, Laptops oder auch Apps zur Freizeitgestaltung oder zum Lernen stellt sich nicht mehr die Frage, ob wir Unterricht mit digitalen Medien brauchen. Es ist vielmehr in Anbetracht des allgemeinen Bildungsauftrags unerlässlich, die Kinder auf ihre Lebenswelt vorzubereiten und sie auf ihrem Weg zum medien- und lebenskompetenten Menschen zu begleiten und zu unterstützen. Die Mediennutzung, vor allem der verantwortungsbewusste und sichere Umgang mit Medien, muss Unterrichtsgegenstand sein (vgl. Schulgesetz NRW).

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Chancen des Medienkompetenzerwerbs in der Grundschule

Die Nutzung digitalisierter Unterrichtssettings eröffnet neue Formen des Lernens. Diese sollten jedoch nicht nur singulär eingesetzt werden, sondern in einem Schulentwicklungsprozess – auch über mehrere Jahre – konzipiert, erprobt und implementiert werden. Die Förderung aller Schülerinnen und Schüler unabhängig ihrer unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und bisherigen Bildungsbiografien steht dabei im Mittelpunkt und ist somit das Hauptziel. Digitalisierte Lernsettings unterstützen dabei das individualisierte Lernen.

Ein wichtiger Bestandteil des schulischen Entwicklungsprozesses ist die Reflexion und Umgestaltung des eigenen Unterrichts. Das aktive Anwenden, das spielerische Ausprobieren, das kreative und fantasievolle Agieren bietet den Kindern lebensnahe Zugänge zu unterschiedlichen Fächerinhalten.

Die folgenden Beispiele zeigen digitalisierte Unterrichtsszenarien für verschiedene Fächer – auch fächerübergreifend – und verschiedene Kompetenzstufen. Die Anforderungen an die Bearbeitung der Szenarien nimmt dabei zu.

Medienkompetenzerwerb in der Grundschule - Kopiervorlagen

Medienkompetenzerwerb in der Grundschule

Kopiervorlagen

Einstieg in die Medienproduktion

Ein Fotoprojekt bietet einen niederschwelligen Einstieg in die Medienproduktion im Unterricht. Die Schülerinnen und Schüler sollen ihre Schule durch selbst erstellte Fotos vorstellen. Dem Fotografieren sind Regeln vorzuschalten, die Sie im ergänzenden Material (Klexer KV 1) finden. Neben den technischen Aspekten ist besonders das Einverständnis fotografierter Personen zu thematisieren. Die Lehrkraft sollte ggf. darauf hinweisen, dass die benutzten Beispielfotos der Kopiervorlage vermutlich gestellt und keine Personen zu Schaden gekommen seien.

Die Auswahl der Geräte zum Fotografieren richtet sich nach der Ausstattung der Schule. Wenn Tablets zur Verfügung stehen, können auch diese genutzt werden. Alternativ können ein oder mehrere Geräte (Tablet, Kamera) von mehreren Kleingruppen nacheinander benutzt werden, während der Rest der Klasse andere Aufgaben bearbeitet. 
Im Anschluss an die Foto-Rallye werden, je nach Gerät, die Fotos übertragen bzw. auf dem Gerät gefunden und in ein Textdokument übertragen. Für die Schülerinnen und Schüler sollten hierzu bebilderte Anleitungen zur Verfügung gestellt werden, um eine möglichst selbstständige Bearbeitung der Aufgabe zu ermöglichen.

Fotoprojekte im Sach-, Mathematik- oder Kunstunterricht

Selbstverständlich sind zahlreiche weitere Themen für Fotoprojekte denkbar. Hierbei können Themen aus dem Sachunterricht (Mein Stadtteil, Bäume im Herbst, Wiese im Sommer) oder dem Mathematikunterricht (Symmetrien, Körper bauen) fotografisch dokumentiert werden. Im Kunstunterricht bietet es sich an, Fotos nach bestimmten Gesichtspunkten anzufertigen und zu sammeln oder die Wirkung eines Farbbildes mit dem eines Schwarz-Weiß-Fotos zu vergleichen.

Diese Projekte bieten die Möglichkeit sowohl persönliche Neigungen und Interessen der Schülerinnen und Schüler aufzugreifen als auch die Produktion individueller Texte entsprechend des jeweiligen Leistungsniveaus anzuregen.

Video- oder Filmarbeit in der Gruppe

Die Erstellung und Veröffentlichung eines Films stellt eine komplexere Anforderung dar. Dies betrifft sowohl die Handhabung der Hardware, den weiteren Be- und Verarbeitungsprozess und je nach Thema auch die inhaltliche Komplexität. Die Videos können mit Text aufgenommen bzw. unterlegt werden. Dieser muss adressatengerecht formuliert werden. Eine weitere Möglichkeit der Differenzierung liegt hier in der Aufgabenverteilung innerhalb der Arbeitsgruppe. Es ist nicht zwingend erforderlich, dass jedes Kind im Film zu sehen oder zu hören ist. Der Filmproduktion sollte ebenfalls die Besprechung der Grundlagen vorgeschaltet werden, die bei der Veröffentlichung eines Films zu beachten sind. Im Material finden Sie dazu eine Kopiervorlage (Klexer KV 2). 

Anhand der darauf abgebildeten Personen kann die Lehrkraft mit den Grundschulkindern wichtige Aspekte erarbeiten und so die Medienkompetenz der Kinder fördern: Der abgebildete, junge DJ etwa ist Urheber der Musik im angekündigten Film, was bedeutet das? Die ältere Dame, deren Name im Filmvorspann genannt wird, und die Mutter des Moderators Julian sind erschrocken über die Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild. Der Lehrer ist unzufrieden mit der wenig kindgerechten Werbung am Bildschirmrand.

Für die eigene Videoarbeit sollten diese Dinge beachtet werden: Bilder sind bei diversen Portalen wie "Pixabay" oder "Pixelio" kostenlos und legal erhältlich. Musik und Geräusche sind unter anderem bei "Jamendo" und "Opsound" zu finden. Der Medienpädagogik-Praxis-Blog listet unter "Freie Musik" und "Freie Fotos" zahlreiche Quellen auf. Bei der Wahl des Videoportals gibt es Alternativen für den Bildungsbereich. Beim Portal "Juki" des Deutschen Kinderhilfswerks beispielsweise werden Videos zunächst redaktionell geprüft und erscheinen werbefrei.

Digitale Kompetenzen im Sport- und Musikunterricht erwerben

Ein mögliches Beispiel für die Filmarbeit in der Grundschule ist die Erstellung eines Erklärvideos im Sportunterricht. Orientiert an den curricularen Vorgaben könnte dies das Vorführen verschiedener Jonglage- oder Wurftechniken sein, die sprachlich begleitet werden, indem die Schülerinnen und Schüler verschiedene Bewegungsabläufe beschreiben. Neben Erklärvideos in allen Fächern sind verschiedenste andere Filmprojekte denkbar, die auch nonverbal oder fremdsprachlich/herkunftssprachlich begleitet werden können. Als Beispiele seien hier ein Stop-Motion-Video zur Umsetzung einer biblischen Geschichte im Religionsunterricht oder eine vertonte Bildergeschichte im Musikunterricht genannt.

Medienbildung als Bestandteil aller Fächer

Die Umsetzung von Medienkompetenzen in verschiedenen Fächern bietet immer auch die Chance eines fächerspezifischen Zugangs zu einer Kompetenz. Ein Film mit Bewegungsabläufen wird anders aufgebaut sein und benötigt eine andere Sprache und andere Elemente als ein Erklärvideo im Mathematikunterricht. Grundsätzlich ist Medienbildung nicht nur Selbstzweck, sondern bietet eine motivierende und zeitgemäße Möglichkeit, fachliche Inhalte zu vermitteln.

Die Autorinnen

Sandra Bülow und Sarah Grotehusmann blicken auf langjährige Unterrichtserfahrung an Grundschulen zurück. Als Autorinnen sind sie unter anderem für den Cornelsen Verlag tätig. Ein besonderer Schwerpunkt bei der Materialentwicklung liegt für sie in der Ermöglichung individualisierten Lernens und der systematischen Integration medienpädagogischer Angebote.

Fortbildungstipps

Digitale Medienpädagogik
Sie erfahren Unterstützung bei der Entwicklung schuleigener Curricula für eine gute Medienpädagogik. Dabei finden sowohl die Chancen der digitalen Medien herausgearbeitet, als auch deren Risiken für die Entwicklung der Schülerschaft berücksichtigt.
 

Programmierkonzepte für die Grundschule
Praxisnah vermitteln Ihnen erfahrene Trainer der HABA Digitalwerkstatt wie digitale Medien kreativ und aktiv in den Unterricht einbezogen werden können und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen themenbezogene Konzepte zur Verwendung im Unterricht.
 

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