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Bild: Shutterstock.com/LightField Studios

Über Arbeitszeugnisse sprechen

DaF-Journal

„… hat sich stets bemüht.“

Dass sich hinter scheinbar positiven Aussagen oftmals negative Bewertungen verbergen, wissen alle, die sich schon einmal mit der Sprache der Zeugnisse beschäftigt haben. Für unsere Kursteilnehmer/-innen ist es also wichtig, die Formulierungen in Arbeitszeugnissen zu verstehen, um gute Voraussetzungen für die nächste Bewerbung zu haben.

Dabei hatte das Arbeitszeugnis ursprünglich einen ganz anderen Zweck. In einer frühen Handwerker-, Tagelöhner- und Gesindeordnung von 1445 wird festgelegt, dass niemand in Dienst genommen werden darf, der nicht ein Zeugnis seiner ehemaligen Dienstherrschaft vorweisen kann.1 So sollte sichergestellt werden, dass die Bewerber im Einverständnis aus ihrem ehemaligen Dienstverhältnis geschieden sind. Gleichzeitig sollte damit die illegale Abwerbung qualifizierten Personals vermieden werden.

Etwa 100 Jahre später maß man dem Zeugnis auch einen rechtlichen Charakter bei. So spricht die  Reichspolizeiordnung von 1548 davon, dass beim Wechsel des Dienstverhältnisses „eyn Paßport oder urkundt“ vorzulegen sei. Damit wurde das Arbeitszeugnis ein Bestandteil des frühen Meldewesens.

Im Verlauf des 18. Jahrhunderts erwartete man von einem Arbeitszeugnis dann auch Auskunft über das Verhalten während der Dienstzeit. Dabei nahm die Gesindeordnung für die Mark Brandenburg schon 1769 den heutigen Anspruch vorweg, dass im Zeugnis nur „…von groben Verbrechen, … nicht aber von kleinen Fehlern und Vergehungen, Erwehnung geschehen [sollte], damit den Dienstboten dadurch ihr anderweites Unterkommen nicht schwer gemacht w[u]rde.2

Auch heute dürfen im Arbeitszeugnis weder Vorstrafen und Abmahnungen, noch Alkohol- oder Drogenmissbrauch erwähnt werden. Aber auch Mitgliedschaft im Betriebsrat oder Teilnahme an Streiks gehören nicht hinein. Und wie schon im 18. Jahrhundert soll das Zeugnis nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts „…von verständi­gem Wohl­wol­len ge­genüber dem Ar­beit­neh­mer ge­tra­gen sein (…) und ihm das wei­te­re Fort­kom­men nicht un­ge­recht­fer­tigt er­schwe­ren (…)“.3

Diskutieren Sie mit Ihrem Kurs ein Arbeitszeugnis und lassen Sie die Teilnehmer/-innen herausfinden, wie einzelne Formulierungen zu verstehen sind.

Einen Vorschlag finden Sie auf den Seiten 238f in „Fokus Deutsch: Erfolgreich in Alltag und Beruf, B2 neue Ausgabe“

1 „Handwerker-, Tagelöhner- und Gesindeordnung für das Gebiet der Stifte Magdeburg, Halberstadt, Hildesheim und der Herzogtümer Braunschweig und Lüneburg“

2 zitiert nach: M. Oberkönig, Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis in seiner historischen Entwicklung und gegenwärtigen inhaltlichen Ausprägung, S.14, readbox unipress, 2020

3 BAG, Ur­teil vom 03.03.1993, 5 AZR 182/92